Der Auszug der Schwechater Volkspartei aus dem Gemeinderat hat neben positiven Reaktionen auch Unterstellungen und Unkenntnis der Tatsachen ans Tageslicht gebracht. Stadtparteiobmann Ernst Viehberger rückt die Dinge ins rechte Licht und klärt auf. Vorerst aber die erhaltene Beschwerde in ungekürzter Form:
Sehr geehrte Abgeordnete zum Gemeinderat,
ich finde es schon ein wenig verwunderlich, um nicht zu sagen bedenklich, wie Sie am Dienstag in der Gemeinderats-Budget-Sitzung agiert haben. Denn mit Politik - so wie ich "Politik" verstehe, hat dies leider nichts mehr zu tun.
Immerhin tragen Sie auch eine gewisse Verantwortung gegenüber IHREN Wählerinnen und Wähler, denn diese haben Ihre Partei ja nicht um sonst gewählt bzw. für's "Nichts-tun" gewählt.
Es sollte nämlich doch Ihre Pflicht sein, sich der Diskussion im Gemeinderat zu stellen, nämlich FÜR IHRE WÄHLERINNEN. Persönliche oder parteipolitische Aktionen bzw. Befindlichkeiten können Sie sich sparen, jene interessieren mich als Wählerin nicht.
Vor allem, wie ich jetzt einer Presseaussendung der Stadt Schwechat entnehmen konnte, kann das Budget nun ohnehin ohne 2/3 Mehrheit erstellt werden. Somit stellt sich mir die Frage, warum von Seiten der Oppositionsparteien so gehandelt wurde?! Ganz einfach nur, damit Sie in Zukunft sagen können: "Liebe SchwechaterInnen, wir haben dieses Budget NICHT mitgetragen?! Das hat die regierende Partei alleine beschlossen!" Wenn dies der Grund sein sollte, dann finde ich es mehr als bedenklich.
Sie als Oppositionspartei haben meiner Wahrnehmung nach komplett versagt, da Sie sich der Diskussion im Gemeinderat nicht gestellt haben. Sie werden von Steuergeldern bezahlt und sind anscheinend nicht fähig Ihrer eigentlichen Arbeit nachgekommen. (Nämlich Ihre WählerInnen im Gemeinderat zu vertreten). Ich, als Bürgerin bzw. spezifischer gesagt als Arbeitnehmerin kann leider nicht meinen Arbeitsplatz verlassen, weil ich meine, mein Chef wäre nicht tragbar (ob dies nun so ist oder nicht sei dahingestellt). Ich bin wirklich erbost darüber, wie hier von Ihrer Seite aus agiert wurde.
Die Conclusio die ich daraus ziehe bzw. die Sie mir vermittelt haben:
Egal, ob auf Bundes-,Landes-, oder Gemeindeebene:
Jede Stimme, die eine WählerIn einer Partei gab, die es nicht in die Regierung geschafft hat, ist - aufgrund Ihres Agierens - eine "unnötige" Stimme, da die Interessen der WählerIn nicht nachgekommen werden. Wie auch?! Wenn die Partei den Saal verlässt und sich keiner Diskussion stellt!?!
Es ist sehr bedauerlich, dass Oppositionsparteien anscheinend vergessen haben, dass auch ihnen Stimmen gegeben wurden.
Über eine Stellungnahme würde ich mich sehr freuen, bin mir aber dessen bewusst, dass kritische Stimmen meist nicht "gehört" werden bzw. Ihre Partei ohnehin sich diversen Diskussionen nicht stellen möchte.
Mein Unmut ist unermesslich!!
Viehberger antwortet:
„Zunächst danke ich, dass Sie der ÖVP Schwechat Gelegenheit geben, ihre Entscheidung zu erklären und Stellung zu beziehen.
Vorweg: Auch die Fraktionsmitglieder der ÖVP Schwechat sind arbeitende Menschen, und zwar in zweierlei Hinsicht. Zum Ersten hat jeder von uns einen Brotberuf, den wir nach besten Wissen und Gewissen ausüben. Mit den gleichen Maßstäben messen wir unsere Gemeinderatstätigkeit als Mitglieder der ÖVP Schwechat. Zum Zweiten erhält ein Gemeinderat aus Steuergeldern eine Entschädigung von brutto € 439,54 monatlich, 12x jährlich. Anders ist es beim Bürgermeister, der sein Amt hauptberuflich ausübt und noch dazu einen Verwaltungsstab von rund 400 Mitarbeitern für sich arbeiten lassen kann. Zusätzlich bezieht er noch Steuergeld als Abgeordneter zum Nationalrat. Soviel zum Steuergeld der Mandatare der Schwechater Volkspartei.
Arbeit: Die Arbeit eines ÖVP Gemeinderates beschränkt sich nicht auf das über sich ergehen lassen von Sitzungen, wie es allgemein und fälschlicherweise angenommen wird, sondern wir erarbeiten im Vorfeld Maßnahmen, die in der Fraktion, in den Gemeinderatsausschüssen beraten und dann dem Stadtrat bzw. dem Gemeinderat vorgelegt werden. Und da wägen wir sehr sorgfältig ab, was den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt gut tut, oder was sie unzumutbar belastet. Übrigens: Das gesamte Paket des öffentlichen Verkehrs, einschließlich Öffi-Card und AST-Taxi wird von meinem Ressort als ÖVP Stadtrat abgewickelt. Auch das ist Arbeit einer nicht hauptberuflichen Tätigkeit. Das Stadtpanel bescheinigt mir jedes Mal höchste Kundenzufriedenheit.
Zur Verantwortung: Gerade weil wir verantwortungsvoll für unsere Bürgerinnen und Bürger handeln, haben wir als kleine Oppositionspartei mit 6 Mandataren gegenüber 23 SPÖ Mandataren kein anderes Instrument gefunden, als mit einem Auszug aus dem Gemeinderat das öffentliche Interesse zu wecken. Wem hilft es, wenn wir bloß dagegen stimmen? Die Presse schreibt: Das Budget wurde mit den Stimmen der SPÖ und gegen die Stimmen der ÖVP beschlossen. Keinen interessiert der Grund der Ablehnung. Ihre Reaktion zeigt, dass wir uns öffentlich Gehör verschafft haben. Wir sind unseren Wählerinnen und Wähler gegenüber verantwortlich, nehmen diese auch wahr und wollen die besten Entscheidungen für die Stadt treffen. Wir sind der Überzeugung, dass in der Sitzung vom Montag, 17.12.2012, mit dem Budget und auf der weiteren Tagesordnung Dinge auf dem Programm gestanden sind, die weder moralisch, noch finanziell vertretbar sind.
Nur ein Beispiel von Vielen: Es gibt immer mehr Fälle, in denen die demokratischen Institutionen und damit den Willen der Schwechater umgangen werden. Was noch viel schlimmer ist, jetzt versucht der Bürgermeister diese Malversationen zu verschleiern, indem er uns, dem Gemeinderat und der Schwechater Bevölkerung, die wahren Hintergründe vorenthält, verheimlicht und uns einfach die Malversationen zur Genehmigung vorlegen will. Etwa Punkt 15 der Tagesordnung. Eine Wohnungsgenossenschaft zahlt der Stadtgemeinde vor 2 Jahren, Ende 2010, 1,3 Mio € für ein Grundstück, dass ihr bis heute, 2 Jahre später, noch nicht gehört und die Stadtgemeinde zahlt seit damals Zinsen von mehr als 20.000,-- Euro über ein Konto, dass im Voranschlag nicht einmal aufscheint.
Conclusio: Wenn man jetzt versucht, unsere soziale Kompetenz in Frage zu stellen, dann verweise ich darauf, dass gerade wir es sind, die die Beschlüsse, wenn es um das Wohl der Schwechaterinnen und Schwechater geht, voll mittragen und mitgetragen haben. Soviel zu Ihrer Meinung bezüglich der unnötigen Stimmen, die uns gegeben worden sind. Der Bürgermeister bezeichnet sich als sozial: Wahr ist, dass er gerade in der in Rede stehenden Gemeinderatssitzung die Mieten um 30% anheben wollte. Der Bürgermeister will nun auch das Land Niederösterreich in Misskredit bringen. Wahr ist, dass gerade Schwechat unendliche Förderungen seitens des Landes erhält, für Wohnbau, für Kultur, für Sport und auch für das Multiversum. Und das, weil wir es sind, die die Nabelschnur zum Land bilden. Die Taktik ist klar: Schnell von eigenen Missständen ablenken. Und noch eins: Wir lassen uns von einer aufgeschreckten SPÖ nicht auseinander dividieren. Bei uns gibt es keine Palastrevolution wie in der SPÖ, keinen Verrat, keinen Neid sondern kühles und kluges Handeln für Schwechat.
Wir stellen uns auch der Diskussion. Und da werden uns die Menschen auch zuhören. Dann werden wir auch die Möglichkeit haben all das mitzuteilen, was sonst wieder beschönigt oder besser gesagt in vorweihnachtlicher Hektik untergegangen wäre. Wir sind keine Wegläufer und Verweigerer, auch keine Feiglinge!
Es tut mir leid, wenn wir bei Ihnen unermesslichen Unmut ausgelöst haben. Ich wünsche Ihnen dennoch ein gesegnetes und friedvolles Weihnachtsfest und für 2013 Glück und Gesundheit.
Mit herzlichen Grüßen
Ernst Viehberger